NRW-Finanzminister Dr. Marcus Optendrenk: „Wir stehen vor großen Herausforderungen“

Dr. Marcus Optendrenk (CDU) ist seit diesem Sommer der neue Finanzminister von Nordrhein-Westfalen. Die Spitzenvertreter von Haus & Grund Rheinland Westfalen waren bei ihm zum Antrittsbesuch – dabei gab es jede Menge spannenden Gesprächsstoff. Lesen Sie hier, worüber gesprochen wurde und was sich der Minister für seine Amtszeit vorgenommen hat.

Spitzengespräch (von links): Vizepräsident Dr. Johann Werner Fliescher, Präsident Konrad Adenauer, NRW-Finanzminster Dr. Marcus Optendrenk und Verbandsdirektor Erik Uwe Amaya.

Dr. Marcus Optendrenk (CDU) ist seit diesem Sommer der neue Finanzminister von Nordrhein-Westfalen. Die Spitzenvertreter von Haus & Grund Rheinland Westfalen waren bei ihm zum Antrittsbesuch – dabei gab es jede Menge spannenden Gesprächsstoff. Lesen Sie hier, worüber gesprochen wurde und was sich der Minister für seine Amtszeit vorgenommen hat.

Haus & Grund: Wie waren Ihre ersten Monate im neuen Amt als Finanzminister?

Dr. Marcus Optendrenk: Ich bin sehr gut aufgenommen worden. Nicht nur im Ministerium, wo ich bereits sieben Jahre gearbeitet habe, sondern insgesamt sind die Rückmeldungen aus der Finanzverwaltung, aus Gesprächen mit Bürgern und Unternehmensvertretern positiv. Das motiviert sehr. In diesem Haus gestaltet man die Zukunft mit. Ein Minister einer Landesregierung des größten Landes, da ist es egal welcher Ministerposten, hat Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten, auch auf Bundesebene. Gleichzeitig bedeutet das Amt aber eine große Verantwortung, vor allem gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.

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Haus & Grund: Welche Schwerpunkte haben Sie sich für die kommenden fünf Jahre vorgenommen?

Optendrenk: Wir stehen mit der Finanz- und Wirtschaftskrise vor großen Herausforderungen. Den Haushalt 2023 haben wir Anfang November in den Landtag eingebracht, damit er noch in diesem Jahr verabschiedet werden kann. Mit der vorgelegten Ergänzungsvorlage und dem 3,5 Milliarden Euro umfassenden 3-Säulen-Programm wollen wir die Menschen in Nordrhein-Westfalen entlasten und Lücken der Entlastungspakete des Bundes schließen. Trotz der aktuellen Krisen ist es unser Ziel, die Projekte unserer schwarz-grünen Zukunftskoalition zu ermöglichen, verantwortungsvoll mit dem Geld der Steuerzahler umzugehen und zu gestalten. Wichtige Anliegen dabei sind uns u.a. der Klimaschutz und der Abbau von Bürokratie. Ein schönes Beispiel, wie beides in der Praxis verbunden werden kann, sind die Photovoltaik-Anlagen. Niemand soll allein deshalb zum Steuerberater müssen, weil er mit einer Photovoltaik-Anlage einen Beitrag zur Energiewende leistet. Denn: Vor allem vielen Privatleuten brannten die unnötig komplexen steuerlichen Regelungen im Zusammenhang mit kleinen PV-Anlagen immer wieder auf den Nägeln. Daher haben wir uns frühzeitig in Berlin für den Abbau dieser steuerlichen Hürden eingesetzt. Die Bundesregierung hat diese Initiative aufgegriffen. Nun sind wir kurz vor dem Ziel: Ab dem 1. Januar 2023 soll es soweit sein. Der – vom Bundestag noch zu verabschiedende – Gesetzentwurf sieht vor, dass die Anschaffung und der Betrieb kleiner PV-Anlagen mit einer Leistung von bis zu 30 Kilowatt (peak) künftig steuerfrei sind. Das betrifft sowohl die künftigen Einnahmen aus diesen Anlagen als auch die Befreiung von der Umsatzsteuer beim Erwerb von  Anlagen, die nach ab dem 1. Januar 2023 angeschafft bzw. installiert werden. Für den Großteil der privaten Betreiber von PV-Anlagen bedeutet dies deutlich weniger bürokratischen Aufwand und im Hinblick auf den Wegfall der Umsatzsteuer auch eine spürbare monetäre Entlastung bei den aktuell ohnehin hohen Anschaffungspreisen, da die Anlagen künftig zum Nettopreis erworben werden können.

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Haus & Grund: Die Reform der Grundsteuer sorgt bei vielen Eigentümern für Frust. Warum muss erneut eine Erklärung abgegeben werden, wenn die Daten doch schon vorliegen?

Optendrenk: Bei einer Hauptfeststellung geht es darum, die aktuellen Verhältnisse in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zum Bewertungsstichtag am 1. Januar 2022 zu erfassen. Da den Finanzämtern nicht alle auf diesen Stichtag bezogenen Verhältnisse bekannt sind, die für die Durchführung des Feststellungsverfahrens erforderlich sind, fragt die Verwaltung die entsprechenden Informationen ab.

Haus & Grund: Haus & Grund hat sich immer für ein wertunabhängiges, flächenbasiertes Modell wie in Bayern ausgesprochen. Zuletzt haben wir den FDP-Antrag unterstützt, der die Einführung des hessischen Modells vorsah – immerhin auch von einer schwarz-grünen Landesregierung entwickelt. Warum ist es denn das Bundesmodell geworden und kein flächenbasiertes Modell wie in Bayern oder Hessen?

Optendrenk: Nordrhein-Westfalen hat nach gründlicher Abwägung der Vor- und Nachteile von der Öffnungsklausel bei der Grundsteuer keinen Gebrauch gemacht. Damit gilt das Bundesmodell – wie in der Mehrzahl der Länder – auch für Nordrhein-Westfalen. Jetzt sind wir in der Umsetzung. Wir werden diese Umsetzung nicht mehr stoppen. Wir haben Fristen, bis wann wir den Kommunen die Datensätze weiterleiten müssen, damit diese rechtzeitig die neuen Hebesätze ermitteln und festlegen können. Daran orientiert sich auch die Entscheidung, die wir getroffen haben. Im Kreis der Finanzminister der Länder haben wir beschlossen, die Abgabe der Grundsteuererklärung um einmalig drei Monate zu verlängern. Fristende ist der 31. Januar 2023.

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Haus & Grund: Können die Bürgerinnen und Bürger damit rechnen, dass NRW das Modell noch
einmal ändern wird?

Optendrenk: Sie können von Folgendem ausgehen: Die elf Länder, die sich fürs Bundesmodell entschieden haben, werden die nächsten dreißig Jahre kein anderes machen – bis auf Details vielleicht. Und die, die ein anderes Modell gewählt haben, werden dies auch nicht tun.

Haus & Grund: In vielen Fällen ist die Erklärung handelbar. Es gibt aber auch sehr viele Fallgestaltungen, an denen die Eigentümer verzweifeln. Sie suchen dann Rat bei unseren Haus & Grund Vereinen. Wie kann man in solchen Spezialfällen weiterhelfen?

Optendrenk: Wir stellen ein großes Service-Angebot bereit. Eigentümerinnen und Eigentümer von Wohngrundstücken und Betrieben der Land- und Forstwirtschaft haben von unseren Finanzämtern ein individuelles Info-Schreiben erhalten. Die Schreiben beinhalten Informationen zur Grundsteuerreform sowie Daten, die bei der Erstellung der Feststellungserklärung unterstützen, wie z.B. das Aktenzeichen, die Grundstücksfläche und den Bodenrichtwert. Darüber hinaus unterstützt unsere digitale Info-Plattform www.grundsteuer.nrw.de mit Erklär-Videos zum Grundsteuerportal, Klick-für-Klick-Anleitungen zu Elster, Check-Listen für die Zusammenstellung der Daten für die Feststellungserklärung und einem FAQ mit Antworten auf die häufigsten Fragen. Diese Angebote werden sehr gut angenommen. finden Eigentümerinnen und Eigentümer auch das eigens eingerichtete Grundsteuer-Geodatenportal, das die überwiegenden Daten, die für die Feststellungserklärung benötigt werden, bereitstellt. Die abrufbaren Daten der Katasterverwaltung und der Gutachterausschüsse sind speziell für Zwecke der Grundsteuer aufbereitet worden. Für individuelle Rückfragen haben die 104 Finanzämter in Nordrhein-Westfalen eine lokale Grundsteuer-Hotline eingerichtet, die montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr zu erreichen ist. Wir haben in dem Umfang auch nach dem 1. November noch Servicekräfte an der Hotline, die ausgebildet sind. Wir werden weiterhin 150 Hotline-Personalstellen haben. Das haben wir im Sommer schon im Hinblick darauf festgelegt, dass uns klar war, dass es den Beratungsbedarf auch nach dem 31. Oktober geben würde. Es ist klar, dass trotz dieses Angebots nicht immer alle „Spezialfälle“ geklärt werden können. Das liegt daran, dass es sich z.B. um Tatsachen- bzw. Sachverhaltsfragen handelt, die die Finanzverwaltung nicht beantworten kann oder die Antwort eine unerlaubte Hilfeleistung in Steuersachen i.S.d. Steuerberatungsgesetzes darstellen würde.

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Haus & Grund: Die Kaufpreise und damit die Kaufnebenkosten zum Erwerb von Immobilien steigen unaufhaltsam. Vor allem die Grunderwerbsteuer stellt sich für junge Familien und Ersterwerber ohne viel Eigenkapital als große Hürde dar. Noch vor der letzten Landtagswahl hat die Vorgängerregierung grünes Licht für das Förderprogramm „NRW.Zuschuss Wohneigentum“ gegeben. Wie ist hier der aktuelle Stand?

Optendrenk: Das Förderprogramm des Landes für den Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum kann über die NRW.BANK seit Ende August abgerufen werden. Wir sind bei jenseits von 24.000 Anträgen und bei einem Antragsvolumen von rund 166 Millionen Euro. Der durchschnittliche Bewilligungsbetrag liegt bei rund 7.400 Euro. Die Bewilligungen gehen täglich raus.

Haus & Grund: Wäre es nicht für alle Beteiligten am einfachsten, wenn die Grunderwerbsteuer wieder gesenkt würde? Schließlich sind die Mittel für das Förderprogramm irgendwann ausgeschöpft.

Optendrenk: Das Programm ist als Übergangslösung geplant, bis der Bund die Voraussetzungen für eine gezielte Förderung geschafften hat.

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Haus & Grund: Können Sie als Land NRW nicht Druck auf die Ampelkoalition machen, damit die
Rahmenbedingungen zur Einführung von Freibeträgen bei der Grunderwerbsteuer endlich geschaffen werden?

Optendrenk: Seit 2017 setzt sich Nordrhein-Westfalen mit einem im Bundesrat gestellten Entschließungsantrag für die Einführung eines Freibetrags zur Förderung der Wohneigentumsquote, zur Entlastung insbesondere von Haushalten mit geringerem Einkommen und als Baustein für eine gute Altersvorsorge ein. Hierdurch sollen die Bürgerinnen und Bürger gezielt bei der Schaffung oder dem Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen unterstützt werden. Inzwischen hat die Bundesregierung die Initiative aufgegriffen und arbeitet daran, den Ländern eine Flexibilisierung bei der Grunderwerbsteuer zu ermöglichen. Nordrhein-Westfalen unterstützt diese Initiative und wird die Spielräume zur gezielten Entlastung der Bürgerinnen und Bürger nutzen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierzu auf Bundesebene geschaffen worden sind.

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Haus & Grund: Die erfolgreichste Volksinitiative im Land Nordrhein-Westfalen war jene zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. CDU und FDP haben noch in der letzten Legislaturperiode mit einer Förderung von 100 Prozent die Straßenausbaubeiträge de facto abgeschafft. Allerdings sind die Fördermittel ggfs. irgendwann aufgebraucht. Wann setzen Sie den Zukunftsvertrag von CDU und Grünen um und schaffen die Straßenausbaubeiträge im Kommunalabgabengesetz komplett ab?

Optendrenk: Mit der im Mai 2022 neugefassten Förderrichtlinie werden beitragspflichtige Grundstückseigentümerinnen und –eigentümer vollständig von Straßenausbaubeiträgen entlastet. Dies bedeutet eine Aufstockung der bisherigen Förderung von 50 Prozent auf 100 Prozent – auch für bereits seit dem Programmstart im September 2020 durchgeführte Bewilligungen. Ausgehend von dem Beschluss des Landtags im März 2022 hat die Landesregierung ein rechtswissenschaftliches Gutachten in Auftrag gegeben. Auf dieser Grundlage erfolgt die Prüfung des weiteren Vorgehens, das auch mit den kommunalen Spitzenverbänden in Nordrhein-Westfalen im Weiteren zu beraten sein wird.

Haus & Grund: Herr Minister, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Gespräch führten Präsident Konrad Adenauer, Vizepräsident Dr. Johann Werner Fliescher und Verbandsdirektor Erik Uwe Amaya vom Landesverband Haus & Grund Rheinland Westfalen.

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Zur Person: Dr. Marcus Optendrenk (CDU)

  • Geboren 1969 in Lobberich (heute Nettetal), verheiratet, ein Sohn
  • Studium der Rechtswissenschaften, Geschichtswissenschaften und Anglistik an den Universitäten Trier und Maastricht
  • Mitglied des Landtags seit 2012 als direkt gewählter Abgeordneter für seinen Wahlkreis Viersen II
  • Nach dem Einzug in den Landtag Sprecher der CDU-Fraktion für Haushalt und Finanzen
  • Seit 2017 stellvertretender Fraktionsvorsitzender
  • Seit 2022 Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

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