E-Auto-Ladestation: Dürfen Mieter den Anbieter selbst auswählen?

Mieter haben inzwischen einen Rechtsanspruch darauf, an ihrem Stellplatz eine Ladestation für ein Elektrofahrzeug installieren zu lassen. Aber heißt das auch, dass der Mieter den Handwerker und die genaue Ausgestaltung der Ladevorrichtung selbst aussuchen kann? Das wird aktuell von der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt, wie ein Fall aus Bayern zeigt.

Wallbox in der Tiefgarage installieren lassen: Welche Ansprüche haben Mieter?

Mieter haben inzwischen einen Rechtsanspruch darauf, an ihrem Stellplatz eine Ladestation für ein Elektrofahrzeug installieren zu lassen. Aber heißt das auch, dass der Mieter den Handwerker und die genaue Ausgestaltung der Ladevorrichtung selbst aussuchen kann? Das wird aktuell von der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt, wie ein Fall aus Bayern zeigt.

München. Der Rechtsanspruch eines Wohnungsmieters auf Duldung der Installation einer E-Auto-Ladestation umfasst auch das Recht, den geeigneten Handwerker selbst auszuwählen und die konkrete Ausgestaltung des Anschlusses zu bestimmen. Der Umstand, dass aufgrund der Leitungskapazität zukünftig nicht alle Mieter über den Vermieter mit einer Ladestation versorgt werden können, begründet allein keine unzumutbare Härte für den Vermieter, welche dem Anspruch auf Duldung entgegensteht.

So hat es zumindest das Landgericht München I entschieden (Urteil vom 23.06.2022, Az.: 31 S 12015/21). Damit kippte das Gericht das Urteil der Vorinstanz, die genau das Gegenteil für Recht befunden hatte (wir berichteten). Der konkrete Fall drehte sich um eine Mietwohnung in einem Münchner Wohnkomplex mit insgesamt rund 200 Wohnungen und etwa genauso vielen Stellplätzen in der Tiefgarage. Der Komplex wird über zwei Hausanschlüsse mit Strom versorgt. Ein Mieter-Ehepaar wollte eine Wallbox an seinem Stellplatz installieren lassen.

Ladestation gewünscht: Mieter wollten Anbieter selbst wählen

Dafür wollten die Mieter selbst eine Fachfirma beauftragen. Deren Angebot sah vor, die Ladestation für 1.600 bis 1.700 Euro an den Stromzähler der zugehörigen Wohnung anzuschließen – eine Nutzungspauschale wurde nicht verlangt. Die Mieter baten die Vermieterin um Zustimmung und beriefen sich auf ihren Rechtsanspruch auf Errichtung solch einer Ladestelle. Doch die Vermieterin lehnte ab: Es hätten bereits 27 andere Mietparteien den Wunsch nach einer Ladestation geäußert, mit weiteren Fällen sei zu rechnen.

An jedem der beiden Hausanschlüsse könnten jedoch nur maximal fünf bis zehn Ladestationen installiert werden – also insgesamt bestenfalls 20. Ansonsten drohe eine Überlastung der elektrischen Anlage. Die Vermieterin schrieb dem Ehepaar, sie sollten sich für die Installation ihrer Wallbox vielmehr an die örtlichen Stadtwerke wenden. Nur die Stadtwerke könnten einen neuen Trafo errichten, neue Zu- und Brückenleitungen verlegen und neue Zähler installieren.

Große Nachfrage nach Ladestationen in hauseigener Tiefgarage

Nur auf diese Weise könnten so viele Ladestationen in dem Komplex geschaffen werden, wie die Mieter sich insgesamt wünschten, stellte die Vermieterin fest. Allerdings war das Angebot der Stadtwerke finanziell weniger attraktiv als jenes, dass sich die Mieter selbst von der anderen Firma eingeholt hatten. Die Stadtwerke verlangten 1.499 Euro für die Installation der Wallbox, darüber hinaus allerdings eine monatliche Nutzungspauschale von 45 Euro.

Außerdem wollten die Stadtwerke eine monatliche Stromkostenpauschale erheben, gestaffelt je nach Fahrzeugtyp. Das war den Mietern zu teuer, sie versuchten vor Gericht durchzusetzen, dass die Vermieterin ihnen den Bau der Ladestation durch ihren selbstgewählten Anbieter erlaubt. Das Vorhaben scheiterte vor dem Amtsgericht München. Es erkannte die Tatsache an, dass es sinnvoll sein kann, wenn ein Vermieter zur Wahrung des Hausfriedens eine Gleichbehandlung der Mietparteien erreichen möchte.

Gerichte urteilen unterschiedlich

Genau diesen Fall sah das Gericht hier als gegeben an. Es läge im Interesse aller Mieter, dass eine Lösung gefunden wird, die eine Überlastung der Hausanschlüsse vermeidet. Außerdem wäre es ungerecht gewesen, den klagenden Mietern ihre individuelle Lösung zuzugestehen, deswegen dann aber später anderen Mietern den Bau einer Ladestation verwehren zu müssen. Die Mieter zogen daraufhin weiter vor das Landgericht München I und bekamen hier tatsächlich Recht.

Das Landgericht verurteilte die Vermieterin dazu, die Einrichtung einer Elektroladestation für das Laden eines Elektro-/Hybridfahrzeugs durch die von den Mietern gewünschte Firma gegen Kostenübernahme durch die Mieter zu erlauben. Aktuell reiche die Kapazität des Hausnetzes für die konkret gewünschte Ladestation aus, daher könne sie auch nicht verwehrt werden, befand das Gericht. Mit dem Hinweis auf eine zukünftige Entwicklung darf ein Vermieter den Anspruch des Mieters auf eine Ladestation nicht zurückweisen.

Auch das Argument, dass es durch die Erlaubnis dazu kommen kann, dass Ladestationen im Gebäude von verschiedenen Anbietern betrieben werden, ließ das Gericht nicht gelten. Das Urteil ist für Mieter insgesamt eine schlechte Nachricht, denn demnach gilt für Ladestationen das Prinzip: Wer zuerst kommt, malt zuerst. Wer erst später eine Ladestation haben möchte, kann dann womöglich keine mehr bekommen, weil die Kapazität der Leitungen das nicht mehr zulässt. Die beiden Urteile zeugen gleichwohl von einer gewissen Rechtsunsicherheit: Die Rechtsprechung ist hier noch uneinheitlich, ein höchstinstanzliches Urteil gibt es noch nicht.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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